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Breitbandempfänger für 20€

Im Jahr 2012 fanden eine Handvoll finnischer Funkamateure heraus, dass sich bestimmte DVB-T-Sticks als multifunktionelle Breitbandempfänger "missbrauchen" lassen. Solche mit einem RTL2832U-Chip ausgestatteten Sticks sind je nach verbautem Tuner-Chip in der Lage, einen Frequenzbereich von ungefähr 20MHz-1700MHz abzudecken, wobei die Decodierung bzw. Demodulation der Funksignale auf Softwarebasis geschieht (SDR - Software Defined Radio). Die Sticks werden mit lediglich 20€ gehandelt und sind im Gegensatz zu der üblicherweise sehr teuren Funkhard- und Software daher unschlagbar günstig.

DVB-T-Stick

Neben der Wetterstation hängt der TV-Stick am RPi dran.

Dieser "Hack" wurde rasch in diversen Fachmagazinen unter die Lupe genommen und fand sehr schnell reges Interesse bei technikinteressierten Bastlern und Funkamateuren. In der Folge entstanden nach kurzer Zeit eine ganze Reihe freier Softwareroutinen, mit denen sich die Sticks mit verhältnismäßig wenig Aufwand für beliebige Anwendungen umfunktionieren lassen. Der Hype um die Sticks verwundert wenig, denn es gibt in diesem Frequenzbereich eine ganze Menge zu entdecken: neben den üblichen UKW-Radiosendern und DVB-T-Signalen, gibt es einige Amateurfunkbänder, Flugfunk, Downlinks von Wettersatelliten, Messdaten von Wetterballons, Positionsdaten von Verkehrsflugzeugen...um nur Einige zu nennen. Auf rtl-sdr.com sind die allermeisten bekannten Projekte rund um das Thema zusammengefasst.





low cost ADS-B-Receiver

Inline-Verstärler

Eingeschliffener Billig-Breitbandverstärker.

Raspberry Pi Modell B

Improvisierte Kolinearantenne für 1090MHz

Aus reiner Neugier habe ich schließlich selbst so einen Stick mit R820T-Tunerchip für ein paar Experimente mit der Software SDR# zugelegt. Es stellte sich rasch heraus, dass die Empfindlichkeit aufgrund der kleinen mitgelieferten Antenne deutlich zu Wünschen übrig lässt, weshalb für den jeweiligen Anwendungszweck eine passende Antenne zugelegt oder gebaut werden sollte (z.B. Discone, einfache Dipolantenne aus Draht ... etc.). Außerdem brachte ein günstiger aktiver Breitbandvorverstärker zum Einschleifen ins Koaxkabel doch eine deutliche Verstärkung sehr schwacher Signale (zusammen mit Spannungseinspeisung und DC-Sperre für insgesamt 15€). Weil mich das Thema rund um ADS-B bzw. Mode-S (sekundäres Luftverkehrsradar) aber besonders interessiert, habe ich etwas mit einfachen DIY-Koaxialantennen nach dieser Bauanleitung experimentiert.

Stick und Antenne sind am Raspberry Pi angeschlossen, wobei die empfangenen Signale über die Software dump1090 decodiert und ins Heimnetzwerk gespeist werden. So ist es möglich sich am heimischen PC einen virtuellen Radarbildschirm einzurichten oder die Daten an Radarspotting-Dienste wie z.B. flightradar24.com zu streamen.

Radarscreen1

Plot aller Flüge, die über ca. 8 Stunden an einem Montag mit Hilfe meiner Station empfangen wurden.

Radarscreen2

Zoom auf den Flughafen Berlin-Tegel.

Die Mode-S-Daten können auch meteorologisch in Echtzeit ausgewertet werden, da Informationen zur Windgeschwindigkeit und zur Lufttemperatur aus den Daten ableitbar sind. Bei der Vielzahl an An- und Abflugen in Flughäfennähe ist es so möglich, in Quasiechtzeit vertikale Profile zu erstellen, ähnlich wie sie sonst nur durch kostspielige und zeitlich sehr schlecht aufgelöste Wetterballone realisierbar sind.

Zur Brauchbarkeit der aus Mode-S-Daten gewonnen meteorologischen Parameter gibt es bereits umfangreiche Untersuchungen des Königlich-Niederländischen Meteorologischen Instituts (KNMI). Grob zusammengefasst lässt sich feststellen, dass sich die Windgeschwindigkeit rel. zuverlässig aus der Drift eines Flugzeuges ableiten lässt bzw. diese Messgrößen für akurat arbeitende Flugnavigations- und Steuerungscomputer ohnehin relativ genau bestimmt werden müssen. Das gleiche trifft zwar auch für die Lufttemperatur zu, diese ist allerdings als Messkomponente zur Luftverkehrsüberwachung unbedeutet und wird daher in den gängigen Datenformaten des Mode-S-Systems nicht übermittelt. Immerhin lässt sich diese geschickt aus den Geschwindigkeitsdaten approximieren. Für professionelle meteorologische Anwendungen, z.B. als Initialisierungsdaten für Kurzfristvorhersagemodelle, mögen diese Temperaturwerte zwar zu ungenau sein, für hobbymeteorologische und "informelle Zwecke" sind sie jedoch zu gebrauchen.